Im Auftrag der Allianz Industrie 4.0 hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI eine Studie zur Industrie 4.0-Readiness von baden-württembergischen Unternehmen veröffentlicht und betrachtet dies im Kontext von Nachhaltigkeit und Resilienz.
Die Industrie 4.0 beschreibt seit 2011 das Leitbild für produzierende Unternehmen und das Verarbeitende Gewerbe. Sie formuliert ein neues Produktionsparadigma, welches auf cyberphysischen Systemen und dem Internet of Things (IoT) basiert. Technologische Grundlage bildet die digitale Vernetzung von Produktionssystemen innerhalb von Betrieben, aber auch über die Unternehmensgrenzen hinaus. Für kaum eine andere Region gehen solch weitreichende Chancen, jedoch auch Herausforderungen mit dieser Entwicklung einher, wie für Baden-Württemberg als führendem Industriestandort in Europa.
Für die Wirtschaft und Politik aus dem Südwesten stellt sich daher die Frage, wie sich die Industrie 4.0 in den vergangenen Jahren entwickelt hat, welche Stärken Baden-Württemberg als Industrie 4.0-Standort aufweist und wo Potenziale bestehen, die es noch auszuschöpfen gilt.
Jenseits dieser vierten industriellen Revolution existieren mittlerweile auch weitere globale Trends, die sich direkt auf die Produktion auswirken. Dies ist einerseits der Klimawandel, welcher die Notwendigkeit einer ressourcenschonenden und zugleich CO2-armen Produktion verstärkt. Andererseits hat die COVID-19-Pandemie den Bedarf einer resilienten Produktion, die auf unvorhersehbare Störereignisse vorbereitet ist, drastisch vor Augen geführt. Folglich ist nicht nur die Entwicklung und der Fortschritt der Industrie 4.0 in den letzten Jahren von Interesse, sondern betrachtet wird auch das Zusammenspiel im Hinblick auf ökologische Nachhaltigkeit und Resilienz von Produktionssystemen.
Die Studie geht dabei den folgenden drei Leitfragen nach:
- Wie hat sich die Industrie 4.0 in den vergangenen Jahren und bis 2022 im Verarbeitenden Gewerbe fortentwickelt?
- Welchen Einfluss nimmt die Industrie 4.0 auf die produktionsrelevanten Trends der ökologischen Nachhaltigkeit und der Resilienz von Produktionsbetrieben?
- Welche Rolle nimmt Baden-Württemberg als I4.0-Standort ein, welche Besonderheiten, Stärken und Schwächen sind im Land auszumachen?
Die Ergebnisse der Studie zeigen auf, dass sich die Readiness für Industrie 4.0 seit 2015 im Verarbeitenden Gewerbe kontinuierlich weiter verbreitet hat. Seit 2018 ist jedoch im Vergleich zu den Jahren davor ein deutlich verlangsamter Fortschritt auszumachen. So lag dieser zwischen 2015 und 2018 bei 12 %, in den Jahren 2018 – 2022 nur noch bei 5 %, bezogen auf die Messung des Industrie 4.0-Readiness-Index. Die Dynamik gestaltete sich in diesen beiden Zeiträumen sehr unterschiedlich – möglicherweise auch bedingt durch die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen.
Baden-Württemberg bleibt trotz unterdurchschnittlichem Fortschritt der letzten Jahre im Vergleich zu Gesamtdeutschland nach wie vor der führende Industrie 4.0-Standort in Deutschland. Die Gründe für diese Führungsrolle sind einerseits, dass insbesondere kleine Betriebe sowie Zulieferer und Industriegüterhersteller im Südwesten bei der Industrie 4.0 deutlich stärker aufgestellt sind. Andererseits kommt Baden-Württemberg der hier weit verbreitete Maschinen- und Fahrzeugbau zugute, der eine grundsätzlich hohe Industrie 4.0-Orientierung aufweist. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Industrie 4.0 die ökologische Nachhaltigkeit eher befördert als bremst. Zudem befähigt sie Betriebe, die Resilienz ihrer Produktionssysteme zu erhöhen. Auf Basis der Studienergebnisse lässt sich schlussfolgern, dass die Industrie 4.0 und deren konkrete Technologien somit durchaus ein Vehikel darstellen, um Nachhaltigkeit und Resilienz in der Produktion zu stärken.